- 27 - sehen Gewerkschaft eine Fabrik dn Genua besetzt. Nach der Lage der Dinge mußte das Scheitern der Fabrikbesetzungen. im Sommer 1921 j-edoch der revolutionären Bewegung einen tödlichen Schlag versetzen. Sie hat sich nicht mehr davon erholt. Es war in Wahrheit die Junischlacht des italienischen Proletariats. Die Bourgeoisie hatte ohne Schwertstreich einen entscheidenden Sieg errungen. Bei den Neuwahlen, die Giolitti ausschrieb, blieb dennoch die sozialistische Partei trotz ihrer Spaltung und obgleich der fascisti'- sche Terror bereits in einigen Provünzen ge.ordnete Wahlen unmö-glich machte, in ihrem Bestande ziemlich erhalten. Noch einmal' bekannten sich die Massen zu ihren Ideen, noch imm-erwaren sie ein wesentlicher Faktor im politischen Leben des Landes. Aber ihre revolutionäre Stoßkraft war erschöpft. Als Giolitti im Juli 1921 Bonomi Platz machte, war die Stellung der Regierung tatsächlich gestärkt. Aber diese Stärke ergab sich nur aus _dem vorübergehenden Gleichgewicht der kämpfenden Parteien. Unter der Regierungszeit Bonomis erreichte die Krise ihren Höhepunkt. Die Banca di Sconto fallierte, die Arbeitslosenziffer überstieg 600 000. Die Wächter der öffentl.ichen Ordnung waren nur Statisten in den Kämpfen, die sich zwischen den verschiedenen Teilen der Bevölkerung abspielten. Die Regierung war Wiieder ebenso schwach wie unter Nitti. Aber unter Giolitti hatten sich die Gewichte der Wage verschoben. Jetzt waren es ni~ht mehr die Sozialisten, die den Staat bedrohten, sondern die Fascisten. ·Die Regierungstätigkeit Factas, der !im Februar 1922 auf Bonomi folgte, wurde zu einem großen Teil durch die Vorbereir, tungen und die Leitung der Konf.erenz von Genua in Anspruch genommen. Seine Energie, schon von Hause aus nicht sehr groß~ konnte sich um so weniger gegen den Fascismus wen-den, da S[e keine Unterstützung bei den Sozialisten fand, die rnicht aufhörten„ ihren verfassungsfeindlichen Revolutionanismus zu betonen. Dabei wuchs der Fascismus zusehends, und seine Schandtaten häuften sich von Tag zu Tag. Die Sozialisten erkannten die Lage niicht. W.ährend sie tatsächlich in die Verteidigung gedrängt waren, glaubten sie immer noch, angreifen zu können, und sie setzten den Streit um Collaborafi.o„ nismus oder .Maximalismus f,ort, der längst gegenstandsl,os geworden war. Sie machten ihren zweiten großen Fe-hier! Wie sde sich vorher nicht hatten entscheiden können, ob sie die Revolution machen oder sich mit demokratischem Vorgehen begnügen sollten, so schwankten sie jetzt, ob sie den Fascismus ernst nehmen und auf welcher Plattform sie sich gegen ihn verteidigen sollten. Inzwischen verloren sie Schritt um Schritt an Boden.
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