- 100 - gelang ihm denn auch nach langem Hin und Her und nachdem sogar der König seinen Einfluß -,geltend gemacht hatte, wenigstens. ~ einen Teil von ,ihnen zur Annahme von Regierungskart1didatuw.n zu bewegen. Er verschaffte sich damit seinen Wahlerfolg, aber große Freude hat 1er an diesen Bundesgenossen nicht. De Nava starb während des Wahlkampfes, der ehemalige Kammerpräsident De Nioola erklärte vierundzwanzig Stunden bevor er seine Wahlrede halten sollte, unter fadenscheinigen Gründen, sich gänzlich vom politischen Leben zurückzuziehen und ist bisher nicht in der Kammer erschienen; und seine Hauptattraktion, Orlando, schrieb in einem sofort veröffentlichten Brief, daß. die wichtigste Aufgabe der neuen Kammer die Schaffung eines besseren Wahlgesetzes sein würde. Die Demokratisch-Sozialen, eine in der Hauptsache a!lls Sizilianern bestehende Partei, lehnten es sogar überhaupt ab, nur als Personen, nicht als Partei in der Regietungsliste zu erscheinen. Ihr Führer Colonna Di Stefano verließ die Regierung, an der er bis dahin teilgenommen hatte, und in der neuen Kammer gehören, sie zur ausgesprochenen Opposition. Eine gewisse Rolle spielen dabei die separatistischen Tendenzen~ die besonders in Sardinien und weniger stark auch in Sizilien imm·er vorhanden sind. Die unbedingt separatistischen Gruppen. - von Parteien kann man kaum sprechen - sind schwer zu umgrenzen. Sie tauchen auf und verschwinden, bald unter diesem, bald unter jenem Namen, und- die überzentralistische Regierungsweise des Fascismus fordert ihren Widerstand um so mehr heraus, als dem anarchischen Charakter der Inselbevölkerung der ganze militaristische Ton des Mussolinischetl Regiments innerlich zuwider ist. Diese Stimmung schafft eine Basis, die jeden Tag Eruptionen hervorrufen kann. Bei alledem darf man den Einfluß Süditaliens jedoch nichit überschätzen. Seine wirtschaftliche Schwäche; sein unorganischer Regionalismus, seine wechselnden Stimmungen machen den Mezzogiorno zu einem Gewicht, das den Rhythmus des nationalen Lebens lediglich hemmen oder beschleunigen kann. Zu einet entscheidenden Initiative ist er nicht fähig. Seine Haltung ist mehr eine Belastungsprobe als eine wirkliche Gefahr für den Fascismus. Dasselbe kann man ungefähr von jenen Liberalen sagen, die sich in der Kammer utrt Giolitti und Orlando gruppieren, während die Freunde Salandras mit dem Fascismus durch dick und dünn gehen. Die Wahlrede Oiolittis, der eine die Regierungsliste „flankierende" Liste aufgestellt hatte, war zwar tatsächlich eine Oppositionsrede, aber seine gegenwärtige Politik besteht nur in tatenlosem Abwarten und höhnischem Schweigen. Indessen bleibt die halblaute Kritik dieser Gruppen doch nicht ohne Widerhall, um so wertiger, als sich gerade unter ihnen die Mehrzahl jener Politiker befindet, die sich in langer Erfahrung intime Kenntnisse der Ver-
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